Erst wenn die Tinte trocken ist
Nürnberger Kaufleute drücken aufs Tempo
Im Jahr 1390 errichtet Ulman Stromer die erste Papiermühle nördlich der Alpen und löst damit einen regelrechten Boom des papiererzeugenden Gewerbes in und um Nürnberg aus. Die Anzahl der Dokumente, die täglich durch die Nürnberger Schreibstuben wandern, ist enorm – ein Großteil des erzeugten Papiers dient ausschließlich der Deckung des Eigenbedarfs der Nürnberger Kaufleute.
Die Vielzahl an Verträgen und Dokumenten erfordert zudem eine rasche Abwicklung der Schreibtätigkeit. Da die Tinte dieser Epoche aber wesentlich langsamer trocknet als heute, greifen die Kaufleute auf Löschsand zurück. Dieser wird auf das geschriebene Dokument geschüttet, um die noch feuchten Tintenreste aufzusaugen. So kann das Dokument abgelegt und der nächste Vorgang bearbeitet werden.
Sand für Verträge aus Flüssen und Seen
Lösch- oder Streusand ist meist eingefärbter Fluss- oder Seesand, den die Nürnberger aus dem direkten Umland beziehen. Bis zur Erfindung des Löschpapiers sind Sandkästchen oder Sandstreuer ein übliches und viel genutztes Schreibtischutensil. Bald entstehen kunstvolle Behälter oder Sandwiegen, die gemeinsam mit Brieföffnern, Federhaltern und Tintenfässern über Jahrhunderte hinweg die Grundausstattung eines jeden Kaufmannsschreibtisches bilden. Löschsand spielt bei allen Verträgen eine wichtige Rolle.